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#64 Storytelling - 3. Kapitel

Autorenbild: OdiOdi

Liebe Gang Gang


Hier ist das 3. Kapitel der Geschichte.


Die Suche nach dem Unbekanntem


3. Kapitel

Nudelfertig mache ich es mir am Abend nach der getanen Arbeit wieder auf meinem Sofa bequem. Gustav hat es sich neben mir ebenfalls gemütlich gemacht und leckt sich nun friedlich seinen Mund. Anstelle, dass ich wie gewöhnlich in meinem Buch lese, halte ich heute den Brief von Alex in meinen Händen. Ich habe es noch nicht fertigbekommen, ihn zu öffnen. Die Neugier auf den Inhalt des Briefes ist im Verlauf des Tages immer mehr gewachsen. Mit leicht zitternden Fingern öffne ich langsam und behutsam das Couvert. Darin befindet sich ein von Computer geschriebener Brief und einen, recht kurzen Text, der von Hand geschrieben wurde. Meine Augen weiten sich für einige Sekunden und schnell nehme ich die beiden Blattpapiere heraus und widme mich zuerst dem Text, welcher mit dem Computer geschrieben wurde. Zu meinem Erstaunen ist der Brief nicht wie gewöhnlich auf schwedisch geschrieben, sondern auf spanisch. Wieso erhalte ich spanische Nachricht?

Auf dem Brief ist ein Absender vermerkt. H. Santos Anwaltskanzlei in Burgos, Spanien. Mein Herz beginnt schneller zuschlagen und meine Hände zittern so stark, dass ich den Zettel beinahe nicht mehr lesen kann. Ich lese den Brief durch. Dann lese ich ihn noch ein zweites und ein drittes Mal durch, doch die Wörter bilden nicht wie aus Magie plötzlich einen anderen Kontext. Gustav scheint meine Aufregung zu spüren und legt sich auf meinen Schoss. Ich lasse die Nachricht neben mich aufs Sofa sinken, streichle den Kater und schließe meine Augen. Einen Moment verharre ich in dieser Position, versuche meinen Atem wieder zu normalisieren, um die Nachricht zu verarbeiten. Dann greife ich zu meinem Natel, welches vor mir auf dem Tischchen liegt und tippe die schockierende Erkenntnis als SMS an Emma. Hej Emma, die Post ist von Spanien, von einer Anwaltskanzlei gekommen. Darin steht, dass meine Großmutter verstorben ist. Sie sei in ihrem zu Hause friedlichen von uns gegangen. Ich kann es gar nicht fassen, erst vor einem halben Jahr hatte ich sie noch gesehen, als sie zu uns kam und zusammen den Sommer auf Fyrbyn verbrachte! Kaum habe ich die Nachricht geschrieben, ist sie auch schon von meiner besten Freundin gelesen worden, denn es dauert keine dreißig Sekunden und unter ihrem Namen wird das Online durch Schreibt... ersetzt. Kurz darauf erhalte ich ihre Antwort "Oh nein, wie schrecklich! Mein herzliches Beileid. Magst du zu mir kommen, dass du dich nicht so allein fühlst?" Ich bin so froh, dass ich Emma als Freundin habe. Sie ist ein Goldschatz und einfach immer für mich da. Ein Blick auf die Uhr zeigt mir jedoch, dass es bereits nach dreiundzwanzig Uhr ist. Wie lange ich wohl in den Brief gestarrt habe? Wir texten noch kurz miteinander und vereinbarten, dass wir morgen im Laden darüber reden werden. Erst muss ich dies verarbeiten und zu etwas Schlaf kommen. Morgen werde ich bei meinen Eltern vorbeischauen und die traurige Nachricht überbringen. Irgendwie bin ich in diesem Moment froh, dass sie sich an fast nichts mehr erinnern können, vor allem über Informationen, welche sie neu erfahren. Da meine Großmutter meine Mutter sehr früh bekam, war meine Grossmutter, Abuela meiner Mutter mehr eine grosse Schwester als eine Mutter für sie. Sie hatten sich immer gut verstanden. Natürlich ist zu erwähnen, dass meine Großmutter nun im Alter von 92 Jahre verstarb, was ein schönes alter ist. Trotz allem kam die Nachricht ziemlich überraschend.

Gerade als ich aufstehen möchte, gleitet mein Blick über den Umschlag und mir kommt wieder in den Sinn, dass es ja noch einen zweiten Brief gibt. Die Handschrift meiner Großmutter erkenne ich sofort wieder. Sie hat eine sehr edle, leicht verschnörkelte aber doch gut leserliche Schrift.

Aufgeregt lese ich die Sätze, die sie aufgeschrieben hat:

Liebe Maja, mein Kind des Meeres,

Wenn du diese Worte liest, ist meine Zeit gekommen diese Welt zu verlassen. Mein Wunsch an Dich ist, dass du nicht um mich trauerst. Ich habe mein Leben gelebt, meine Erfahrungen gesammelt und Fussspuren hinterlassen. Eine Bitte habe ich an dich, meine Liebe. Anstelle, dass es eine Trauerfeier um mich gibt, möchte ich, dass du dich auf eine Reise begibst. Eine Reise, wo du neue Kulturen kennenlernen sollst, die Natur endlich erkunden darfst so wie du es dir immer erträumt hast und einen kleinen Weg in meinen Fussspuren gest. Doch nicht die Natur steht in dieser Reise im Mittelpunkt, sondern etwas ganz anders, hoffentlich viel Grösseres. Du kennst nur eine Seite von mir, die in der ich deine alte, schrumpelige Grossmutter bin, welche nicht einmal schwedisch, sondern nur spanisch und ein wenig englisch spricht. Doch es gibt Dinge, die ich in meinem Leben erlebt habe, die noch viel vor deiner Zeit geschahen und die ich dir nun zeigen möchte. Besser gesagt, die du nun auf eigene Faust herausfinden sollst. Ich hatte in den vergangenen Jahren viel Zeit, mich mit dieser Aufgabe für dich zu beschäftigen. Es ist ein bisschen so wie eine Schatzsuche. Eine Karte wirst du auf deinem Weg selbst basteln müssen. (Tipp: Schau dir die untere Ecke rechts von diesem Brief etwas genauer an.) Ob es einen Schatz gibt und ob du ihn finden wirst, liegt allein in deinen Händen… Der erste Hinweis, respektive deine erste Aufgabe schreibe ich Dir hier:

-          Pack deinen Rucksack mit den notwendigsten Dingen und besuche Mr. Santos in Burgos. Er wird dir deine nächste Aufgabe erklären.

Tritt diese Reise erst an, wenn du dir erstens genügend Zeit von der Arbeit freinehmen kannst und zweitens, wenn du mutig dazu bist. Denn eines muss ich dir sagen. Diese Reise wird dich oft aus deiner Komfortzone herausholen. Es braucht viel Abenteuerlust, Mut und Köpfchen. Es wird Zeiten geben, wo du aufgeben und zurückreisen möchtest. Dann brauchst du viel Vertrauen in dich. Aufgeben liegt nicht in unserer DNA.

Ich wünsche mir, dass du über deinen Schatten springst, deine Schüchternheit beiseiteschiebst und diese Reise antrittst.

Eine letzte Bitte zum Schluss. Sei stets auf der Hut und vertraue nur deinem Bauchgefühl. Es gibt Leute, da draussen, die nicht so offenherzig, freundlich und einen Sonnenschein sind, so wie du es bist. Höre auf dein Herz und du wirst deinen Schatz finden.

In Liebe Deine Abuela

 

Uff… Ich atme tief aus. Ich habe mit vielem gerechnet, aber sicher nicht mit einem solchen Brief. Erst die Nachricht, dass meine Grossmutter gestorben ist und dann auch gleich noch, dass ich eine Reise ins Schwarze antreten sollen.

Meine Abuela war schon immer für alles zu haben und ich hatte mit ihr immer viel Spass. Oftmals hat sie mir irgendwelche abenteuerliche Geschichten erzählt. Ich dachte mir immer, dass sie einfach eine blühende Fantasie hätte. Das sie sich nun so viel Mühe für mich machte, bringt mich doch ziemlich ins Rätseln.

 

Eine nasse Nase stupst mich liebevoll aber doch fordernd an die Stirn, gefolgt von einem Miauen. Ich erschrecke und falle beinahe auf den Boden. Erst jetzt merke ich, dass ich auf dem Sofa eingeschlafen bin. Noch völlig schlaftrunken blicke ich auf meine Armbanduhr und beruhige mich etwas. Es ist zum Glück erst sechs Uhr 10. «Gusti, danke, dass du mich geweckt hast. Ohne dich hätte ich bestimmt verschlafen.» Der Kater hält das Kinn in die Luft, als würde er mich verstehen. Schnell stehe ich auf und mache mich für die Arbeit bereit.

Nachdem ich Gustav ausreichlich Futter für den Tag hingestellt habe, packte ich mich warm ein und schloss die Haustür ab. Nun sitze ich auf meinem Rad und trete kräftig in die Pedale. Der Wind ist eisig kalt, sodass meine Augen zu tränen beginnen. Nach nur zehn Minuten erreiche ich unser Café, wo ich mein Rad in die Seitengasse abschliesse. Drinnen ist es zum Glück schön warm.

«God Morgon Maja!» Emma steht an einem der Tische und ist daran die Blumen darauf zu giessen. «Wie hast du geschlafen?» Ich lache sie an. Um ehrlich zu sein, ganz gut. Schau mal her, ich muss dir unbedingt etwas zeigen.» Ich ziehe meine Winterjacke aus, hänge sie in unsere Garderobe und ziehe den Brief von Abuela aus meinem Rucksack. Emma steht bereits hinter mir und guckt mir über die Schultern. «Was ist das?» fragt sie mich neugierig. Das ist eine Nachricht, die meine Grossmutter vor ihrem Tod an mich geschrieben hat. Es ist auf Spanisch, ich übersetzte es dir. Sofort beginne ich den Text Wort für Wort wiederzugeben. Emmas Augen weiten sich immer mehr. Mit dem letzten Satz erklingt das Läuten der Tür und wir widmen uns unserem Gast. Es ist nur ein Kaffee to go und somit sind wir schnell wieder zurück beim Brief. «Maja, was machst du noch hier? Du musst deine Sachen Packen und nach Spanien fliegen.» Meine Freundin schaut mich aufgeregt und voller Vorfreude an. Ich schaue stattdessen auf meine Füsse und verlagere das Gewicht von links nach rechts. «Naja, erst muss ich die traurige Nachricht meinen Eltern sagen…» Ich möchte eigentlich weitersprechen, aber ich werde von Emma unterbrochen. «Ja, ja, das verstehe ich. Du kannst gleich heute nach dem Morgenansturm ins Pflegheim radeln, dann bist du bis zum Mittag wieder zurück. Und komm mir jetzt nicht im nächsten Satz damit, dass du nicht freinehmen kannst. Das Lucky Lukta gehört zur Hälft mir und ich bin sozusagen halbwegs dein Chef und als dein Chef sage ich dir, dass du auf eine Unbestimmte Zeit frei bekommst.» Ich muss lächeln. Meine Freundin kann manchmal so bestimmend sein. Ich schüttle den Kopf, schliesslich sind wir in der Winterzeit und da läuft unser Geschäft immer auf Hochtouren. Da kann ich nicht einfach so mal für eine Weile weg. Emma zieht eine Augenbraue nach oben. «Maja, du weisst schon, dass ich dich fast dein Leben lang kenne und mir erahnen kann, was in deinem Kopf vorgeht, oder? Mach dir keine Sorge um das Geschäft. Ich bin mir sicher, meine Mutter hilft mir hier gerne etwas aus. «Danke Emma, das ist lieb von dir. Lass es mich erst einmal verarbeiten. Du weisst, dass ich keine voreiligen Entscheidungen treffe. Ich muss das genau durchdenken.» Ich sehe, dass Emma etwas erwidern möchte, jedoch kommt unser nächster Kunde und wir unterbrechen unsere Unterhaltung auf ein Neues.



xoxo odi




 

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